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Ukraine-Krieg belastet Bundeshaushalt und schürt Streit über Schuldenbremse
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat seine erste Haushaltsplanung vorgelegt - doch der Entwurf für 2022 wird wohl in dieser Form nie beschlossen werden. Es werde bald einen Ergänzungshaushalt geben, der die "veränderte wirtschaftspolitische Gesamtlage", den Zuzug vieler Ukraine-Flüchtlinge und weitere Entlastungen wegen der hohen Energiepreise abbilde, sagte Lindner am Montag. Sein Plan, 2023 die Schuldenbremse wieder einzuhalten, stößt bei SPD und Grünen auf Skepsis.
Für das laufende Jahr plant Lindner 99,7 Milliarden Euro an neuen Schulden - so viel, wie bereits die vorherige Bundesregierung im Etat für 2022 vorgesehen hatte. Allerdings dürften die geplanten weiteren Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg die Kreditaufnahme noch nach oben schieben.
Sie sollen mit einem Ergänzungshaushalt abgebildet werden. Dieses eher selten genutzte Verfahren erlaubt es, einen noch in der parlamentarischen Beratung befindlichen Haushaltsentwurf zu ändern - im Gegensatz zu einem Nachtragshaushalt, der erst danach ansetzen würde.
Mehrere Maßnahmen zur Abfederung der Kriegsauswirkungen sind allerdings in Lindners Entwurf bereits berücksichtigt, darunter eine Milliarde Euro zusätzlich für humanitäre Hilfe, "Krisenbewältigung" und Ernährungssicherheit sowie 1,5 Milliarden Euro für Gasreserven, wie aus Kreisen des Finanzministeriums verlautete. Auch erste Vereinbarungen der Koalition zur Entlastung der Verbraucher bei den Energiepreisen wurden demnach einbezogen, unter anderem die Erhöhung der Pendlerpauschale und der Heizkostenzuschuss.
Geplant ist außerdem ein Verteidigungsetat in Rekordhöhe: 50,3 Milliarden Euro sollen hier bereitgestellt werden. Außerhalb der gewöhnlichen Haushaltsaufstellung stehen die Pläne für ein Sondervermögen zur besseren Ausstattung der Bundeswehr, das ein Volumen von 100 Milliarden Euro haben soll.
Trotz aller Zusatzausgaben und Unwägbarkeiten will Lindner ab nächstem Jahr die Schuldenbremse wieder einhalten. Entsprechend drastisch soll die Neuverschuldung sinken, nämlich auf 7,5 Milliarden Euro, also weniger als ein Zehntel der diesjährigen Kredite.
Bei Lindner Koalitionspartnern löst dies Skepsis aus. "Ein Festhalten an der Schuldenbremse und die gleichzeitige Ablehnung von höheren Steuern für große Einkommen und Vermögen, das ist finanzpolitischer Unsinn", sagte die Juso-Vorsitzende und Bundestagsabgeordnete Jessica Rosenthal dem "Handelsblatt". "Die Schuldenbremse muss gelöst und große Vermögen und Einkommen müssen gerechter und stärker besteuert werden."
Der "Spiegel" zitierte aus einem Papier der Parlamentarischen Linken in der SPD-Fraktion, der auch Rosenthal angehört, wonach die Schuldenbremse im kommenden Jahr erneut ausgesetzt werden solle. Pandemie, Klimawandel und die Ukraine-Krise erforderten staatliches Handeln. "Das zieht öffentliche Mehrausgaben und staatliche Einnahmeausfälle nach sich." Eine "finanzpolitische Neubewertung" sei notwendig. Dazu gehörten auch eine "Sondervermögensabgabe" sowie eine Sondersteuer auf Gewinne der Energieunternehmen.
Der haushaltspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Sven-Christian Kindler, nannte Lindners Entwurf für 2022 zwar eine "erste gute Grundlage für die parlamentarischen Beratungen zum Haushalt". Er zeigte sich aber überzeugt, dass die Neuverschuldung "durch weitere Reaktionen aufgrund des Kriegs und seiner schwerwiegenden Folgen" höher ausfallen werde als geplant.
Dass 2023 die Schuldenbremse wieder eingehalten werden könne, sei "eine gewagte Prognose", fügte Kindler hinzu. Der russische Angriffskrieg in der Ukraine habe "massive Auswirkungen auf die Energieversorgung, auf die humanitäre Hilfe und auf die wirtschaftliche und soziale Situation im Land", erklärt er. "Man sollte auf diese Zeitenwende nicht mit einer Sparpolitik antworten und dogmatisch an der Schuldenbremse klammern."
Die Haushaltspläne des Bundesfinanzministerium sollen am Mittwoch vom Bundeskabinett beschlossen werden. Die Verabschiedung der ergänzen Vorlage durch Bundestag und Bundesrat soll im Juni erfolgen.
D.Philippon--CPN