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Australien führt Recht auf Nichterreichbarkeit für Millionen Beschäftigte ein
Australien führt Recht auf Nichterreichbarkeit für Millionen Beschäftigte ein / Foto: Saeed KHAN - AFP/Archiv

Australien führt Recht auf Nichterreichbarkeit für Millionen Beschäftigte ein

In Australien ist am Montag das Recht auf Nichterreichbarkeit in Kraft getreten. Es gilt offiziell für Millionen Beschäftigte, die demnach nicht verpflichtet sind, außerhalb der regulären Arbeitszeit auf SMS, Mails oder Anrufe zu reagieren - es sei denn, ihre Weigerung wird als "unangemessen" betrachtet. In Deutschland besteht ein solches Anrecht bislang nicht explizit, es ergibt sich aber aus der Gesetzgebung zur Arbeitszeit, wenn keine anderweitigen Vereinbarungen getroffen wurden.

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Die australische Regelung war im Februar verabschiedet worden. Sie gilt für Unternehmen mit mehr als 15 Beschäftigten. Für kleinere Firmen soll sie am 26. August 2025 in Kraft treten. Sie stelle sicher, "dass Menschen, die nicht 24 Stunden am Tag bezahlt werden, auch nicht 24 Stunden am Tag arbeiten müssen", sagte Premierminister Anthony Albanese im Fernsehsender ABC.

Dabei gehe es auch um die psychische Gesundheit der Arbeitnehmer, sagte Albanese weiter. Die Menschen müssten sich von ihrer Arbeit lösen und sich ihrer Familie und ihrem Leben widmen können. Die Gewerkschaften begrüßten das Gesetz. "Heute ist ein historischer Tag für die arbeitenden Menschen", erklärte die Präsidentin des Gewerkschafts-Dachverbands ACTU, Michele O'Neil. Sie seien künftig nicht mehr dem Stress ausgesetzt, "ständig unzumutbare Anrufe und E-Mails von der Arbeit beantworten zu müssen".

Aus der Wirtschaft kam hingegen Kritik. Die Reform sei "übereilt, schlecht durchdacht und sehr verwirrend", erklärte der Industrieverband AI Group. "Zumindest werden Arbeitgeber und Arbeitnehmer nun im Unklaren darüber sein, ob sie einen Anruf außerhalb der Arbeitszeit annehmen oder tätigen können, um eine zusätzliche Schicht anzubieten", kritisierte der Verband mit Blick auf die in dem Gesetz verankerten Ausnahmeregelungen.

Die Leiterin der Schlichtungsstelle für Arbeitsrechtsauseinandersetzungen, Fair-Work-Ombudsfrau Anna Booth, rief Beschäftigte und Betriebe dazu auf, die neue Gesetzgebung mit "gesundem Menschenverstand" umzusetzen. Gerichte müssten entscheiden, wie der Begriff "unangemessen" im Streitfall zu definieren sei. Das hänge von den Umständen ab: etwa dem Grund für einen Kontakt des Arbeitgebers außerhalb der regulären Arbeitszeit, die Position des Arbeitnehmers oder die Bezahlung für Überstunden oder die Erreichbarkeit.

In Europa gibt es ähnliche Gesetze seit 2017 in Frankreich, seit 2018 in Spanien und seit 2022 in Belgien. "Ein europäisches Gesetz, das ein Recht auf Nichterreichbarkeit festschreibt, wird im Zusammenhang mit einem europäischen Rechtsrahmen für die Festlegung von Mindestanforderungen für Telearbeit diskutiert", erklärte dazu am Montag das Bundesarbeitsministerium in Berlin.

Nach bereits geltendem deutschem Recht seien Arbeitnehmer aber grundsätzlich nicht verpflichtet, "außerhalb der vereinbarten Arbeitszeit für Arbeitgeber erreichbar zu sein", führte das Ministerium aus. Andere Regelungen können demnach im Arbeitsvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden. Darauf verweist auch die Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände (BDA). "Das Arbeitszeitgesetz setzt in Verbindung mit der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit klare Regeln." Eine gesetzliche Regelung zur Nichterreichbarkeit brauche es daher nicht.

S.F.Lacroix--CPN